Desmond Mark© privat

Desmond Mark

ao.Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr.

 

(1938 - 2021)

 

Desmond Mark wurde am 28. Juli 1938 in Wien geboren und übersiedelte kurz darauf in ein bäuerlich geprägtes Dorf im Pinzgau, wo er mit acht Geschwistern seine Kindheit verbrachte. Dort besuchte er die Volksschule und später die Hauptschule. Für den Besuch der Oberstufe des Gymnasiums zog er zurück nach Wien. Hier nahm er auch das Studium des Faches „Querflöte“ am Konservatorium der Stadt Wien auf, und bereits ab 1960 spielte er im Orchester der Wiener Symphoniker. Nach der Matura studierte Desmond Mark Rechtswissenschaften und promovierte 1963 zum Doctor juris. Nach mehreren Auslandsaufenthalten (u.a. bei der UNO in New York, Paris, Rom und Genf) begann er 1965 eine Laufbahn im Höheren Auswärtigen Dienst im Außenministerium in Wien. Im Zuge dessen lernte er seine Frau Susan, stammend aus New Jersey, USA, kennen, die er kurz darauf heiratete. Mit ihr verbrachte er sein weiteres Leben, und sie bekamen drei Kinder – Daphne, Christian und Claudio. Nach einem Jahr als Attaché an der österreichischen Botschaft in Tokio kehrte er 1968 nach Wien zurück und beschloss, seine berufliche Ausrichtung zu ändern, vom rechtlich-politischen Umfeld zum musisch-wissenschaftlichen Bereich. Es folgte eine zweijährige Tätigkeit als Direktionsassistent bei den Wiener Sängerknaben und ab 1969 das Studium der Musikerziehung mit Schwerpunkt Gesang, das er 1975 abschloss. Eine Vorlesung von Kurt Blaukopf im Rahmen dieses Studiums hatte Desmond Marks Interesse an der Musiksoziologie geweckt, und so begann 1972 sein Wirken am damaligen Institut für Musiksoziologie und musikpädagogische Forschung, zuerst im Rahmen von Lehraufträgen. Um eine fixe Hochschulassistentenstelle, welche ihm nicht zuletzt aufgrund seiner Expertise in Urheberrechtsfragen angeboten wurde, bestmöglich ausfüllen zu können, begann er 1977 sein drittes Studium der Soziologie, welches er 1981 als Magister des Sozial- und Wirtschaftswissenschaften abschloss. Im Jahr 1984 wurde er dann zum „Oberassistenten“ ernannt, 1987 zum „außerordentlichen Hochschulprofessor“.

Sein wissenschaftliches Leben als Musiksoziologe widmete Desmond Mark vor allem der kritischen Beobachtung des aktuellen Musiklebens und seiner Veränderungen, wobei ihm die Erfahrung als Musiker, die pädagogische Ausbildung und sein juristisches Wissen einen interdisziplinären Zugang ermöglichten. Im Zentrum seines Interesses standen die Musikausbildung, im Speziellen das Musikschulwesen, und die Orchesterforschung – insbesondere die Entwicklung des Orchesterrepertoires, die akustische Umwelt, Fragen des musikalischen Geschmacks, der musikalischen Sozialisation, des Urheberrechts und der Stellung der zeitgenössischen Komponist*innen. Die familiären Bezüge zu den USA schärften seinen Blick für die dortige Musiksoziologie, und so ist es ihm auch zu verdanken, die theoretischen Überlegungen und empirisch gestützten Arbeiten des amerikanischen Musiksoziologen John H. Mueller zur Frage des musikalischen Geschmacks für den deutschen Sprachraum zugänglich gemacht und durch eigene Untersuchungen im Bereich der Orchesterforschung weiter entwickelt zu haben. In den letzten Jahren seines beruflichen Schaffens hat Desmond Mark sich intensiv mit der Rolle der elektronischen Medien im Musikleben befasst. Große Beachtung erfuhr in diesem Zusammenhang seine Veröffentlichung der verschollen geglaubten, 1932 von Paul Lazarsfeld verfassten RAVAG-Studie über die Musikpräferenzen von Radiohörer*innen, die als Pionierwerk der Rundfunkforschung gilt. Gleichzeitig konnte Desmond Mark seine Expertise und die Positionen des IMS über Jahre hinweg im ORF-Publikumsrat einbringen.

Ein Thema, das ihm immer besonders am Herzen lag, war das Fruchtbarmachen der Musiksoziologie für die Musikpädagogik, d.h. gesellschaftliche Veränderungen und deren Bedeutung für einen zeitgemäßen Musikunterricht zu identifizieren. Mit einem Gespür für die wesentlichen Strukturen des Musiklebens hat er die Musikschulforschung in Österreich aufgebaut und weiterentwickelt, auch um unterschiedliche Möglichkeiten und Erwartungen von Musiklehrenden und Musiklernenden sichtbar zu machen und diese Differenzen überwinden zu helfen.

Sein Interesse galt immer der musikalischen Praxis und ihrer Ermöglichung. So sagte er im Jahr 2002 bei einem Vortrag im Rahmen des AGMÖ-Kongresses in Bozen: „Wenn es ein ‚Menschenrecht auf Musik‘ gibt, dann doch sicher eher im Sinne von eigenem musikalischen Tun und Ausdruck als im Wissen oder Reden über den Gegenstand“.

Desmond Mark war ein überaus freundlicher, liebenswürdiger Kollege und bei den Studierenden durch seine ermunternde, ruhige und positive Art auch als Betreuer von Abschlussarbeiten sehr beliebt. Auch nach seiner Pensionierung im Jahr 2003 war er ein gern gesehener Gast am Institut für Musiksoziologie – hier hatte er seine berufliche Heimat gefunden, hier konnte er seine juristische, pädagogische und soziologische Expertise wirken lassen und gleichzeitig als begeisterter Sänger und Flötist seiner Liebe zur Musik frönen. Im Mai 2021 ist Desmond Mark im 83. Lebensjahr verstorben.

 

 

Schriftenverzeichnis

 

Monographien

(1979) Zur Bestandsaufnahme des Wiener Orchesterrepertoires: ein soziographischer Versuch nach der Methode von John H. Mueller. Wien: Universal-Edition.

(1981) Der Einfluss der technischen Medien auf die wirtschftliche Existenz und die Verbreitung der Werke des zeitgenössischen Komponisten: mit besonderer Berücksichtigung der Situation in Österreich. Wien: Mediacult.

(1982 gem. m. Elena Ostleitner) Collection of data on musical life in Asutria: draft inventory of items with special regard to live performance; a contribution to the UNESCO project Frameworks for Cultural Statistics (FCS) Category 2 Music. Wien: Mediacult.

(1982 gem. m. Elena Ostleitner) Statistical data on music life in Austria: an inventory (with special reference to live performances). Paris: Unesco, Office of Statistics.

(1984 gem. m. Irmgard Bontinck) Prämien an Konzertveranstalter für die Aufführung von Werken lebender österreichischer Komponisten: Versuch der Evaluation einer Förderungsmaßnahme. Wien: Bundesministerium für Unterricht und Kunst.

(1985) John H. Mueller - ein Pionier der Musiksoziologie. Wien: Verlag des Verbandes der Wissenschaftlichen Gesellschaft Österreichs

(1986) Spezifische Probleme des Komponistenberufes im Zeitalter der elektronischen Medien: mit besonderer Berücksichtigung urheberrechtlicher Fragen. Wien: Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung.

(1990) Musikschule 2000: der Bedarf an Musikschullehrern; Bestandsaufnahme, Berufsbild, Prognose. Wien: VWGÖ.

(1993 gem. m. Irmgard Bontinck, Elena Ostleitener und Alfred Smudits) Komponisten-Report: zur sozialen Lage der Komponisten und Komponistinnen in Österreich. Wien: WUV-Universitäts Verlag.

(1998) Wem gehört der Konzertsaal?: das Wiener Orchesterrepertoire im internationalen Vergleich; zur Frage des musikalischen Geschmacks bei John H. Mueller. Wien [u.a.]: Guthmann Peterson.

(2003) Von der Musikschule zum Konzertsaal: Betrachtung eines Musiksoziologen; Festschrift für Desmond Mark zum 65. Geburtstag. StrasshofVier-Viertel-Verlag.

 

Herausgaben

(1976) Hg. gem. m. Kurt Blaukopf: The cultural behaviour of youth: towards a cross-cultural survey in Europe and Asia; a study prepared for UNESCO; report based on selected papers submitted to the international working seminars held in Budapest and in Vienna in 1974. Wien: Universal-Edition.

(1981) Hg. gem. m. International Society for Music Education, Commission on Music in Cultural, Educational and Mass Media Policies: Stock-taking of musical life: music sociography and its relevance to music education. Wien [u.a.]: Doblinger.

(1996) Paul Lazarsfelds Wiener RAVAG-Studie 1932: der Beginn der modernen Rundfunkforschung. Wien [u.a.]: Guthmann Peterson.

(2001) Hg. gem. m. Michael Huber, Elena Ostleitner und Alfred Smudits: Das Klavier in Geschichte(n) und Gegenwart: [Festschrift für Irmgard Bontinck]. Strasshof: Vier-Viertel-Verlag.

 

Artikel in Zeitschriften und Büchern

(1975) Verzeichnis der Schriften von Kurt Blaukopf. In: Bontinck, I. (Hg.): Festschrift Kurt Blaukopf. Wien: Universal-Edition.

(1976) John H. Mueller und sein Beitrag zur Musiksoziologie. In: International review of the aesthetics and sociology of music, Vol. 7(2), S.185.

(1976, gem. m. Irmgard Bontinck) Rock, Pop and rising decibels: Sound and Supersound. In: Unesco courier (Paris, France), 1976-11-01 (10), S.9.

(1981) The Music School System in Austria. In: Mark, D. / International Society for Music Education, Commission on Music in Cultural, Educational and Mass Media Policies: Stock-taking of musical life: music sociography and its relevance to music education. Wien [u.a.]: Doblinger.

(1983) Pop and Folk as a Going Concern for Sociological Research. In: International review of the aesthetics and sociology of music, Vol. 14(1), S.93-98.

(1985) Erster Bundeskongress der Musikerzieher Österreichs. In:  Österreichische Musikzeitschrift, Vol.40 (4).

(1989) Musikerziehung als Orientierungshilfe in der Medienlandschaft. In: Die Musikerziehung im Zeitalter der Elektronik: 20. DACH-Tagung, Golling, Salzburg, April/Mai 1988; Tagungsbericht. Wien: VWGÖ.

(1989) Die Veränderung der Musiklandschaft durch neue Medien und Probleme des Urheberrechts:= Il mutamento del panorama musicale per effetto die nuovi media e i problemi die diritti d'autore. In: Sonderdruck aus: Annali di Sociologia = Soziologisches Jahrbuch, 5.1989,1. Trento: Universita degli studi.

(1990) Kurt Blaukopf - Beethovens Erben in der Mediamorphose. In:  Österreichische Musikzeitschrift, Vol.45 (2).

(1993) Arbeitsunterlage für den Bereich Musik. In: Dittrich, R. (Hg.): Domaine public payant. Wien: Mainz.

(1995) Jugend, Musik und Medien: Plädoyer für eine unvoreingenommene Diskussion. In: Bailer, N./ Horak, R. (Hg.): Jugendkultur: Annäherungen. Wien: WUV-Universitäts Verlag.

(1996) Medien, Kultur, Marktwirtschaft. In: Bontinck, I./ Smudits, A.: Elektronische Kultur zwischen Politik und Markt: Kulturindustrie und Medienpolitik in Österreich. Wien [u.a.]: Guthmann-Peterson.

(1996) Medien und Urheberrecht. In: Bontinck, I./ Smudits, A.: Elektronische Kultur zwischen Politik und Markt: Kulturindustrie und Medienpolitik in Österreich. Wien [u.a.]: Guthmann-Peterson.

(1996) Musikprogramme im Radio – Realitäten und Utopien. In: Eder, G./ Gratzer, W./Smudits, A.: Jazz, neue Musik und Medien: Dokumantation Saalfeldner Musiktage. Saalfelden: Zentrum Zeitgenössische Musik.

(1996) Entstehungsgeschichte, kulturelles Umfeld und Rezeption der RAVAG-Studie von 1932. In: Mark, D. (Hg.): Paul Lazarsfelds Wiener RAVAG-Studie 1932: der Beginn der modernen Rundfunkforschung. Wien [u.a.]: Guthmann Peterson.

(1998) Bücher: "Step Across the Border. Neue musikalische Trends - neue massenmediale Kontexte," Hrsg, von Helmut Rösing (Rezension). In: Österreichische Musikzeitschrift, Vol.53(6), S.89.

(1998) Bücher: "Medien-Musik-Mensch, Neue Medien und Musikwissenschaft", Hrgs. Von Thomas Hemker und Daniel Müllensiefen (Rezension). In: Österreichische Musikzeitschrift, Vol.53(6), S.88.

(1999) Ist die Klassik out? Statement von Desmond Mark. In: Gürtelschmied, Christine: Musik & Jugend: neue Jugendkulturen - eine musikpädagogische Herausforderung; 5. Internationaler AGMÖ-Bundeskongress; 20.-23.Oktober 1998, BORG Bad Radkersburg; Bericht. Wien: Lischkar.

(2000) Aspects of Music Sociology. In: Heister, H.: Kultur, Bildung, Politik: Festschrift für Hermann Rauhe zum 70. Geburtstag. Hamburg: von Bockel.

(2000) Konzertwesen und Orchesterrepertoire. in:  Österreichische Musikzeitschrift, Vol.55 (1-2).

(2001) "Man müsste Klavierspielen können/dürfen..." "Ungebührliche Erregung störenden Lärms" versus "Grundrecht auf Kunstfreiheit". In: Huber, M./ Mark, D./ Ostleitner, E./ Smudits, A. (Hg.): Das Klavier in Geschichte(n) und Gegenwart: [Festschrift für Irmgard Bontinck]. Strasshof: Vier-Viertel-Verlag.

(2001, gem. m. Ranko Markovic, Alfred Smudits und Cornelia Szabo-Knotik) Wiener Vorlesungen: Schönberg - eine Rückansicht im Gespräch mit Reinhold Brinkmann, und Überlebt (sich) die 'Musikstadt'?. in:  Österreichische Musikzeitschrift, Vol.56 (11-12).

(2003) Rock/Pop versus Klassik - von der Subkultur zum Crossover. In: Kruse, M. (Hg.): Musikpädagogik als Aufgabe: Festschrift zum 65. Geburtstag von Siegmund Helms. Kassel: Bosse.